Max Blechinger - Der „ olde Max“
Vater vom „Maxn Ferdl“ und der „Maxn Kati“
Großvater von Ehrenmitglied Franz Straub „Six“
Am 14. Mai 1915 stürmten die Truppen des russischen Zaren erneut Richtung Kolomea vor. Berittene Aufklärer erreichten von der Kaiserstraße aus unser Dorf Mariahilf. Es gab immer noch Kampfhandlungen mit der Nachhut der in die Karpaten zurückweichenden österreichischen Division. Die russischen Reiter umstellten im Dorf den Landwirt Max Blechinger. „ Wo sind die Austritzi ?“ schrien sie. In diesem Augenblick krachte in der näheren Umgebung ein Gewehrschuß. Einer der Kosaken riss seinen Säbel heraus. Er versuchte Max Blechinger den Kopf abzuschlagen .Max duckte sich ab und so traf die schwere Waffe sein Gesicht. Im Galopp rasten die russischen Reiter aus dem Ort zu ihrer Einheit zurück. Einige Mariahilfer Frauen kamen schreiend aus den Häusern. Mit schnell auseinander gerissenen Bettlaken wurde der starkblutende Max Blechinger notdürftig verbunden. In größter Eile verließen die Einwohner Mariahilfs und Rosenhecks ihre Orte. Der schwerverwundete Max stieg auf seinen Pferdewagen und lenkte sein Gespann über die Werbischer Brücke in Richtung der Karpaten. Auf einem der nächste Wagen lag die gerade geborene Marila mit ihrer erschöpften Mutter Petronella Lehner auf einer Strohschütte. Der Fluchttreck überquerte den Pruth und erreichte bei Kniasdvir die österreichische Auffangstellung. Hier wurde der „olde Max“ von Sanitätern der k.und k. Armee versorgt. Max Blechinger überstand die schwere Verwundung und lebte noch viele Jahre in Galizien.
Nach dem 1. Weltkrieg versammelten sich Männer jahrelang gern auf dem Grundstück von Ferdinand Blechinger, dem „ Maxn Ferdl“ wie er nach dem Spitznamensystem der alten Böhmerwäldler genannt wurde. An den langen Abenden ohne Elektrizität unterhielt man sich oder sang. Man war einfach gern auf dem Hof mit dem alten Backofen neben dem Wohnhaus.
Hinten am Bachl saß der „ olde Max“ mit seiner Angelrute. In seinem kleinen Eimer betrachteten die Kinder die gefangenen Fische. Manch neugieriger Blick streifte auch über das Gesicht des Alten mit dem mächtigen Schnauzbart und der tiefen Narbe im Gesicht. „Die hot er von die Russn im Krei erholtn“, flüsterten sich die Dorfkinder sich leise und andächtig zu.
Nach mündlicher Überlieferung aufgeschrieben von Günter Hönig
Hinweis: Grundstücke mit den typischen Backofen neben dem Wohnhaus sind im Buch von Siegmund Kolmer Seite 16 und im Buch Heimat Galizien Abb . 50 zu sehen.
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Siegmund Kolmer, ein gebürtiger Flehberger, hat vor vielen Jahren eine Abhandlung über die Orte Mariahilf, Flehberg und Rosenheck verfasst, die der Verein der Galiziendeutschen an seine Mitglieder verteilt hat.
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Für Fragen zu den PDF-Dateien können Sie sich an Dirk Ullrich
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Gericht aus Galizien: Mariahilfer Sprachinsel (deutscher Dialekt aus dem mittleren Böhmerwald)
Riwanzl :
2 Eimer (5l) mehlige Kartoffeln schälen und roh fein reiben ½ l Milch, 4 Eier, 250 gr. Mehl, 1 Teelöffel Salz dazu geben und verrühren, bis eine schöne sämige Masse entsteht eine eiserne Pfanne kräftig mit Speck ausreiben und sehr heiß werden lassen, darin die Kartoffelmasse nach Belieben ausbacken, klebt es am Beginn – mit Öl nachhelfen (unsere Alten schwören auf einen mit Holz hochgeheiztem Herd auf dem eine eiserne 6-8 mm Platte, das„ Riwanzlblech“ ,verwendet wird).
Dazu der „Broadn“:
1 kg Bauchfleisch und 1kg Nacken richtig gut ausbraten-dies kann auch einen Tag vorher geschehen und vor dem Verzehr wieder erhitzt werden ( Salz und Pfeffer) Zwiebeln und Knoblauch dazu , klein schneiden, fertig Verzehrhinweis : Das Fleisch wird in ein Riwanzl gerollt und in die „Broadnsoße“ eingetunkt.
Unsere Böhmerwäldler Urahnen waren meistens Holzfäller, sie schleppten neben ihren schweren Werkzeugen nicht noch Teller in den Wald. Die bis zum Knie reichenden Hosen waren sehr fest. Ein „Riwanzla“ wurde auf den Oberschenkel gelegt, „Broadn“ rein und zweimal kräftig gerollt,fertig.
1.Vorteil: Der Naturgeschmack soll bis heute nicht erreicht worden sein.
2.Vorteil : Die Arbeitshose blieb jahrzehntelang geschmeidig.
Probiert vieles aus und meldet Euch bei mir.
Euer Günter Hönig
05361-8670842
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Meine Tante Maria Rippel, geb. Lehner („Lenschl Marila“)
Eine Geschichte, die im 1.Weltkrieg begann
Im Jahr 1914 eroberten Einheiten der russischen Zarenarmee das Gebiet um Kolomea. Sie richteten in Mariahilf und Rosenheck schwere Schäden an. Viele Häuser wurden niedergebrannt. Johann Kolmer („Pfutsch“) und zwei Mitglieder aus der Lehner-Familie („Pegerl“) wurden getötet. Im Herbst wurden die Russen von den Verbänden der österreischischen Armee wieder vertrieben.
Im Mai 1915 griffen die Kosaken entlang der Kaiserstraße erneut an. Unsere deutschen Vorfahren wollten mit den zurückweichenden kaiserlichen Truppen in die Karpaten fliehen.
In Mariahilf lag Petronella Lehner in den Wehen; die Fruchtblase war bereits geplatzt. Die Hebamme schickte einen Boten nach Rosenheck zu ihrem Vater Titus Kolmer. Ihr Ehemann Ferdinand Lehner („Lenschl“) war bereits als Soldat an der Front.
„Leidla, Leidla foarts ned weg, s’Wossa is scho broacha!“ schrie der Bote ihrem Vater Titus zu. Der erfahrene Kolmer lenkte das schon beladene Fluchtgespann durch den Bach nach Mariahilf hinüber. Auf dem Wagen befand sich auch sein 12-jähriger Sohn Ignatz („Titus Nazi“). Unter Kanonendonner erreichten sie den Lehnerhof am Mariahilfer Friedhof. Die kleine Maria war gerade geboren. Schnell wurde die erschöpfte Mutter mit dem Neugeborenen auf ein Bündel Stroh gebettet. Mit der Nachhut der Österreicher floh man in die nahen Karpatenberge. Im ersten größeren Ort, Jablonow, wurde noch schnell die Taufe abgehalten. Patin war die „Hoglin“. Einen Monat später konnten die Flüchtlinge wieder nach Mariahilf zurückkehren.
1916 stürmten die Russen im Rahmen der Brussilow-Offensive erneut vor. Diesmal flohen unsere Leute Richtung Westen. In der Nähe von Stryj traf man auf den Bischof Zöckler, der veranlasste, dass Frauen mit kleinen Kindern ins innere Österreich gebracht wurden.
Auf dem Bild ist Petronella Lehner mit dem erstgeborenen Sohn Sebastian und der kleinen Maria, die man später immer nur noch „Marila“ nannte, zu sehen. Das Foto wurde 1917 in Haag am Hausruck in Oberösterreich aufgenommen.
Im Jahre 2004 besuchte ich mit meiner Tante „Marila“ die kleine Stadt Jablonow in Galizien. „Hier hat man mich vor 89 Jahren getauft“, flüsterte sie mir andächtig zu. „Ich war immer sehr klein und man dachte ich überlebe das nicht.“ Und verschmitzt lächelnd fügte sie noch hinzu: “Aber du siehst - ich lebe immer noch. Das Leben ist doch auch so wunderschön!“
Im Januar 2012 ist sie mit fast 97 Jahren gestorben. Im Dorfe Zitzschen bei Leipzig wurde sie begraben, hier lebte und arbeitete sie seit 1945. Sie hinterlässt 2 Kinder, 6 Enkel, 11 Urenkel und ein Ur-Ur-Enkel.
Dein Neffe Günter Hönig
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„Auf der Flucht zum Volkssturm eingezogen,wurde er zunächst nach Jägerndorf und von dort zu einem Panzerregiment nach Görlitz gebracht ,wo er, wohl als einem der letzten Galiziendeutschen, dem Lemberger Lehrer Wilhelm Eger begegnete. Seither blieb er verschollen“. So steht es in unseren Heimatbüchern.
Seit vielen Jahren suche ich nach Hinweisen und Nachrichten über Familienangehörige. Ab und an gab ich auch die Namen mir bekannter Galizianer ein. Vor einigen Jahren entdeckte ich beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge den Namen Jakob Reinpold. Ich holte sofort die Unterlagen heraus und verglich das Geburtsdatum, es passte. Es war der Oberlehrer und verdienstvolle Verbandsleiter aus unserem Galizien. Als Todestag war eine ganze Woche eingetragen (19.-24. 04. 1945). Er ist also noch kurz vor Kriegsende umgekommen und zwar in der Gegend um Forst (Lausitz).
Dies hat mich lange beschäftigt, denn an einem Einzelschicksal werden die Schrecken des Krieges besonders deutlich. Ich begann weiter zu recherchieren. Es kamen viele widersprüchliche Eintragungen zutage. Einmal wurde sein Todesdatum mit 01. März 1945 angegeben, obwohl er laut Liste seine Erkennungsmarke erst am 10.03. erhalten hatte. Eine wichtige Hilfe waren die Menschen in der Lausitz, die Nachfahren der Augenzeugen, die mir weiterhalfen. Die ganze Tragödie spielte sich in der Ortslage Horno in der Nähe der Neiße ab. Die Rote Armee stieß mit ungeheurer Wucht über den Fluss vor. Teilweise war das Kräfteverhältnis 1:10. Trotzdem gelang es der Wehrmacht, unter großen Opfern, die Sowjets zweimal zurückzuschlagen. Mit welcher Brutalität vorgegangen wurde, zeigte auch die SS. Sie erschoss kurzerhand in dieser Gegend 80 deutsche Wehrmachtsangehörige als Deserteure. Beim 3. Anlauf brachen die Russen durch.
Als die Einwohner von Horno nach einigen Tagen in ihr Heimatdorf zurückkehrten fanden sie eine größere Zahl toter deutscher Soldaten vor oder was von diesen noch übrig war. Sie begannen die Gefallenen auf dem örtlichen Friedhof zu bestatten. Viele wurden mit dem Vermerk „unbekannter Soldat“ bestattet. Jakob Reinpold wäre wohl für immer verschollen geblieben.
Jedoch dehnte sich in den 90er Jahren der Braunkohletagebau Jänschwalde weiter aus. Die Ortslage Horno wurde abgebaggert und die Soldatengräber wurden umgebettet. Hier waren jetzt Spezialisten der Kriegsgräberfürsorge zugegen, die die Erkennungsmarken auswerteten. Bei dieser Aktion konnte auch die Nummer von Jakob Reinpold teilweise ausgelesen werden. Die sterblichen Überreste wurden dann auf der Kriegsgräberstätte Forst-Eulo beigesetzt.
Am 30. Juli 2013 fuhr ich mit meinem Stellvertreter Waldemar Weber und zwei treuen Vereinsmitgliedern zum Grabe von Jakob Reinpold. Mit einer kurzen Gedenkfeier gedachten wir seinem jahrelangen Wirken für unser Galizien. Ich brachte aber auch eine wichtige Erfahrung mit nach Hause. Die Nachforschung nach verschollenen Menschen kann auch nach so vielen Jahrzehnten Ergebnisse bringen. Es ist mir Aufgabe und Mahnung zugleich.
Ich danke allen, die mich unterstützt haben, besonders aber Ortsvorsteher Siegert, Dörthe Stein und Barbara Petri aus der Lausitz.
Günter Hönig
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